Fünf Verkehrsexperten aus den Bereichen Auto, Velo, Verkehr und Fussgänger haben kürzlich das hochumstrittene Thema Tempo 30 diskutiert. Die Debatte rund um eine 30er-Zone auf Hauptachsen wie etwa der Bellerivestrasse diente als «Problembeispiel».

Quelle: lokalinfo.ch

Text Pauline Broccard

An der Podiumsdiskussion im alten Kirchgemeindehaus Neumünster prallten kürzlich die unversöhnlichen Meinungen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer und Interessengruppen aufeinander.

Mehr Ausweichverkehr?

Reto Cavegn, Geschäftsführer TCS Zürich, betont, dass die 300 Meter in Köniz mit der Stadt Zürich nicht zu vergleichen seien. Es gäbe eine Strassenhierarchie, und mit diesem Tempo- 30-Konzept sei die Optimierung der Wohnquartiere infrage gestellt. Auf einer unattraktiven Hauptstrasse weicht der Verkehr auf Quartierstrassen aus, versichert Cavegn.
Professor Klaus Zweibrücken, Vorsitzender Fussgängerverein Stadt Zürich, widerspricht: Der Erfolg dieses Konzepts bestehe darin, dass alle miteinander leben könnten. Es sei einfach für die Fussgänger, und den anderen Verkehrsteilnehmer würde es auch nicht schaden. Die Frage sei nicht Hauptstrassen in Quartierstrassen umzuwandeln, sondern auf Hauptstrassen Tempo 30 einzuführen. Die einzige Möglichkeit, den durch den Verkehr verursachten Lärm zu dämpfen, sei, die Geschwindigkeit zu verringern.

Weniger Lärm nach Sanierung?

Andy Fellmann, Leiter Verkehr und Strassenraum Stadt Zürich, bestreitet die Lärmklage mit dem Argument, alle Strassen der Stadt Zürich würden bis 2018 saniert werden. Und dank den neuen Belägen würde sich die Lärmbelastung (Alarmwerte) verringern. Einerseits stünde es im Bundesgesetz, dass Hauptstrassen mit Tempo 50 befahren sein sollten. Andererseits müssten auch Kosten bezüglich der Umsetzung eines solchen Projekts mit angesehen werden. Beispielsweise würde ein öV-Verkehr bei Tempo 30 eine Verteuerung und Verlangsamung des perfekten Verkehrssystems der Schweiz bedeuten.
Dave Durner, Geschäftsführer Pro Velo Kanton Zürich, befürwortet die Geschwindigkeitsreduktion. Es gäbe mehr Möglichkeiten, die Strassen zu gestalten, und die Geschwindigkeit der jeweiligen Verkehrsteilnehmer sei viel weniger unterschiedlicher. Doch er befürchtet, dass in der Stadt Zürich der Wille nicht vorhanden sei, um dies auszuprobieren. Trotzdem betont Durner, es könne über die Folgen nicht diskutiert werden, so lange es noch nicht erprobt wurde.

Was ist mit der Bellerivestrasse?

Die Bellerivestrasse wurde seitens des Publikums zahlreich angesprochen. Das Rotlicht wechsle viel zu schnell. Jeder müsse über die Strasse hetzen. Die Besucher können sich nicht vorstellen, dass eine längere Grünwelle nicht möglich sei. Bei hoher Frequenz, wie an Wochenenden oder im Sommer, müsste die Organisation der Strassensteuerung differenziert werden. Das Tempo-30-Konzept auf der Bellerivestrasse scheint für einige aus dem Publikum «eine intelligente Lösung», bei anderen «ein völliger Blödsinn» zu sein.
Fellmann entgegnet zum Beispiel Bellerivestrasse: Durchfahrtstrassen seien wichtig, um die Autos schnell aus der Stadt zu führen. Für eine Zone 30 sei der Verkehrfluss jedoch zu belastet. So lange die Bellerivestrasse so bleibe, wie sie ist, sei das umliegende Wohnquartier ruhig.
An der lebhaften Debatte liessen sich zahlreiche Pro- und Kontra-Argumente hören, jedoch kamen die Teilnehmenden – wie zu erwarten war – zu keinem Konsens.